Promovierende können zu ihrer Unterstützung unterschiedliche Beratungsformate nutzen, z. B. Promotionscoaching, Training oder Mentoring. Wie funktioniert das mit dem Mentoring und wie können Promovierende sich ihr Mentoring für ihre Promotionsphase selbst organisieren?

Mentoring für die Promotion

Im Podcast spreche ich mit Dr. Renate Petersen über das Thema Mentoring. Sie hat an der Universität Duisburg-Essen die Mentoringprogramme für Promovierende und Postdocs entwickelt und 16 Jahre mit großer Freude durchgeführt. Gemeinsam mit Kolleginnen ihrer Fachgesellschaft hat sie 2017 das „Praxishandbuch Mentoring in der Wissenschaft“ herausgegeben und international und national eine Menge Artikel zu unterschiedlichen Fragen rund um das Thema publiziert.

Was ist Mentoring

Mentoring ist ein Beratungsformat, in dem eine erfahrene Person aufgrund gemachter Erfahrungen eine weniger erfahrene Person berät. Im Mentoring unterstützen und ermutigen Mentorinnen und Mentoren ihre Mentees. Neben dem One-to-one-Mentoring-Format gibt es auch Peer-Mentoring (Mentees beraten sich in einer Kleingruppe gegenseitig) und Gruppen-Mentoring (Eine Mentor:in begleitet eine Kleingruppe für eine begrenzte Zeit).

Mentoring für Promovierende

Mentoring ist keine Promotionsbetreuung im herkömmlichen Sinn. Mentoring bezieht sich nie auf inhaltliche Aspekte der Promotion. Gleichwohl ist Mentoring eine gute Möglichkeit, Promotionsbetreuung zu ergänzen, etwa um die Aspekte Karriereplanung, Konferenzplanung oder Publikationsstrategien, sowie um Kenntnisse der Strukturen und Spielregeln im Wissenschaftsbetrieb Mentoring in der Promotion kann ebenfalls für den Weg aus der Wissenschaft heraus interessant sein, etwa wenn Mentorinnen und Mentoren gewählt werden, die nicht in der Wissenschaft tätig sind.

Mentoring als Win-Win-Situation

Mentoring ist für Promovierende eine Win-Win-Situation, aber auch Mentorinnen und Mentoren profitieren davon:

Dr. Renate Petersen: „Mentorinnen und Mentoren können ihren eigenen Karriereweg reflektieren. Wenn Sie oben angekommen sind, dann fragt keiner mehr welchen Weg die Mentoren und Mentorinnen gegangen sind und es interessiert sich auch keiner mehr für die Klippen, die sie überwunden haben. Uns wurde in unserem Mentoringprogramm oft zurückgemeldet, dass Mentorinnen und Mentoren durch die Reflexion Ihres Karrierewegs profitiert haben.“ Auch der Umgang mit ihren eigenen Promovierenden habe sich verändert, etwa indem das Thema Karriereplanung in die Betreuung integriert wurde: „Seitdem mir durch den Austausch mit meiner Mentee klar wurde, was die jungen Leute alles NICHT wissen, mache ich jetzt auch Karriereberatung“, zitiert Renate Petersen einen Mentor

Das eigene Mentoring selbst organisieren

Neben formellen Mentoringprogrammen für Promovierende oder Postdocs, die von Hochschulen angeboten werden, können Promovierende sich ihr Mentoring selbst organisieren. 
So organisierst Du Dein Mentoring:

Bilde eine Mentoring-Gruppe

Suche Dir Personen, die auch an einem Mentoring interessiert sind. Entweder fragst Du andere Promovierende aus Deinem Bereich. Du kannst am Lehrstuhl, im Institut, in der Fakultät oder auch in der Universität fragen. Vergiss auch die externen Promovierenden nicht.

Dr. Renate Petersen: „Ein Aushang oder eine Rundmail würde funktionieren. Da muss man einen (Online-) -Raum haben und dann vielleicht auch noch ein Flipchart und einen Moderationskoffer“

Vom Ablauf des ersten Kick-Off-Treffens zum Peer-Mentoring könnte das dann so aussehen:

Dr. Renate Petersen: „Erst mal stellen sich alle Promovierenden vor. Eine Person könnte es moderieren und die Gruppe könnte dann die individuellen Ziele auf Moderationskarten clustern. Möglich wäre es, in großen Gruppen auch Kleingruppen zu bilden, beispielsweise nach Fächern, nach Interessen, nach Promotionsfortschritt. Dann können die Promovierenden überlegen, sich ein Jahr lang alle zwei Monate zu einem Mentoringgespräch zu treffen.“

 Hier können sich Promovierende auf Augenhöhe gegenseitig unterstützen. Beispielsweise können sie Erfahrungen austauschen und mit der Beratungsmethode der „Kollegialen Beratung“   gemeinsam mögliche Konflikte lösen.

Identifiziert in der Gruppe Themen fürs Mentoring

Schreibt auf, welche Themen euch für ein Mentoring interessieren. Das könnten Konventionen in der Wissenschaft, Karriereplanung oder Publikationsstrategien sein. Es könnte auch um Konferenzbesuche, Schreibstrategien für die Dissertation oder auch das Thema Prokrastination in der Promotion sein.

Mentorinnen oder Mentoren finden

Aus der Gruppe heraus könnten Mentoren und Mentorinnen vorgeschlagen werden. Die Mitglieder der Gruppe könnten dann überlegen, welche Person für welchen Zeitpunkt und für welches Thema gebeten werden könnte, eine Mentor:innenschaft zu übernehmen.

Dr. Renate Petersen: „Man könnte eine Person anfragen, von der man weiß, dass sie eine Expertise zu einem bestimmten Thema hat, beispielsweise weil sie bereits viel auch international publiziert hat. Wenn man sagt, dass man eine selbstorganisierte Mentoring-Gruppe ist und die Person dann zu einem Gespräch bittet, sind viele bereit, diese vorübergehende Mentor:innenschaft (zunächst für die Dauer des einen Gesprächs mit der Kleingruppe) anzunehmen.“

Besser selbstorganisiert in der Gruppe oder ein One-to-One Mentoring-Programm?

Sowohl selbstorganisiertes Mentoring als auch Mentoring in einem universitären Mentoringprogramm sind hilfreiche Beratungsformate, von denen Promovierende profitieren. Allerdings können nicht alle Bewerber und Bewerberinnen einen Platz in einem Mentoringprogramm bekommen, da diese meist sehr begrenzt sind. Daher macht es Sinn, sich ein Mentoring selbst zu organisieren.

Dr. Renate Petersen: Es ist zum Beispiel eine wunderbare Gelegenheit, in einem angstfreien Raum der Kleingruppe probeweise einen Vortrag zu präsentieren. Und die Gruppe ist dann gebeten zu sagen, was ihr gut gefallen hat und welche Empfehlungen zur Verbesserung sie der Kollegin/dem Kollegen geben möchte.

Mentoring als Kompetenz im Lebenslauf

Die Teilnahme an einem formellen Mentoringprogramm und auch die Selbstorganisation eines Mentorings können Promovierende guten Gewissens in ihren Lebenslauf schreiben. Einerseits belegen Promovierende durch die Aufnahme in ein  Mentoringprogramm ihre Exzellenz, andererseits zeigen sie ihr persönliches Engagement, sich für die Netzwerkbildung in der Wissenschaft einzusetzen, neu erworbenes Wissen teilen zu wollen und fachübergreifende Schlüsselkompetenzen in der Wissenschaft zu erwerben.

Der Link zum Mentoringhandbuch

Das Mentoringhandbuch steht in den meisten Universitätsbibliotheken und ist auch über den Springerlink abrufbar: https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-658-14268-1

Petersen, Renate/Budde, Mechthild/Brocke, Pia/Doebert, Gitta/Rudack, Helga/Wolf, Henrike (2017): Praxishandbuch Mentoring in der Wissenschaft. Springer VS, Wiesbaden.